Interview Karl-Heinz Sundheimer, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion von 1994 bis 28.02.2022
26 Jahre lang übte er das Amt des Fraktionsvorsitzenden der CDU im Ahrweiler Kreistag aus: Karl-Heinz Sundheimer. Nun gibt er den Posten ab. Sein Kreistagsmandat will der Kempenicher jedoch behalten. Mit ihm sprach Victor Francke.
GA: Warum ziehen Sie nur wenige Wochen nach der für die CDU verlorenen Landratswahl diesen Schlussstrich?
Karl-Heinz Sundheimer: Bereits 2019 habe ich meiner Fraktion mitgeteilt, dass ich die Arbeit des Fraktionsvorsitzenden nicht noch einmal fünf Jahre machen werde. Es ist Zeit für einen Generationswechsel. Das sollte auch früh genug vor der nächsten Kommunalwahl in 2024 passieren. Mein Nachfolger Michael Korden aus Adenau hat also Zeit,noch eigene Schwerpunkte zu setzen. Diese Entscheidung war unabhängig vom Ausgang der Landratswahl. Ich rücke einfach nur in die zweite Reihe.
GA: Kommunalpolitik und ihre Themen unterliegen immer dem Wandel der Zeit. Trifft das auch auf das Miteinander im Kreistag zu? Hat sich dort in den vergangenen Jahrzehnten das Klima verändert?
Sundheimer: Ja, das ist so. In den neunziger Jahren waren die Auseinandersetzungen noch schärfer, manchmal auch etwas persönlicher. Das ist immer besser geworden. Man spricht miteinander und respektiert sich. Seitdem es keine absolute Mehrheit für eine Partei mehr gibt, muss es Koalitionen oderKooperationen geben. Man redet miteinander, auch wenn man sich nicht immer gegenseitig überzeugen kann.
GA: Die neue Landrätin hat in ihrer Antrittsrede erklärt, der Wähler habe der Parteipolitik eine klare Absage erteilt. Sie forderte dazu auf, in Zukunft Sachpolitik zu betreiben. Haben die Parteien keine Sachpolitik betrieben?
Sundheimer: Das mit der Absage an die Parteipolitik ist eine mögliche, aber nicht die allein schlüssige Erklärung für das Ergebnis. Aber es ist auch bei dieser Wahl schon so, dass eine Unzufriedenheit mit den Parteien eine deutliche Rolle spielt. Natürlich gehört die Flutkatastrophe, die Diskussion um Landrat Pföhler, die mediale Präsenz der Kandidatin und der Kandidaten, der Wunsch nach einer neuen Person, einem neuen Gesicht dazu. Die Aussage zur Sachpolitik hat mich indes irritiert, weil wir bislang selbstverständlich zum Wohle aller Bürger eine Sachpolitik – wenn auch mit unterschiedlichen Ansätzen – betrieben haben. Ich darf darauf hinweisen, dass eine Vielzahl von Entscheidungen einstimmig, zumindest aber mit großen Mehrheiten zustande gekommen sind.
GA: Haben Sie sich über die Aussage der neuen Landrätin geärgert?
Sundheimer: Zumindest war ich – wie viele Kollegen aus dem Kreistag — erstaunt. Der Kreis ist in unserem Land seit vielen Jahren führend in der Schul- und Kitapolitik, bis zum Ausbruch der Flutkatastrophe brummte die Wirtschaft, kaum ein Landkreis hat eine so geringe Arbeitslosenzahl, in kaum einem Kreis gibt es so wenigeInsolvenzen und eine so florierende Tourismus- und Gesundheitswirtschaft. Unsere Sozialpolitik wurde mehrfach ausgezeichnet, unsere Verschuldung ist unterdurchschnittlich. Das ist das Ergebnis von guter Sachpolitik.
GA: Wie aber ist zu erklären, dass die CDU sowohl in Remagen, in Altenahr oder auch in Sinzig die Bürgermeisterämter und nun auch im Kreis das Landratsamt an unabhängige Bewerber verloren haben?
Sundheimer: Das hängt sicher auch mit einer Parteienverdrossenheit zusammen. Insgesamt verlieren gerade die großen Parteien ja auch Mitglieder. Es ist festzustellen, dass selbst bei kommunalen Wahlen immer mehr Entscheidungen aus Bundes- und Landespolitik eine Rolle spielen. Es spielen aber auch lokale oder regionale Gegebenheiten eine Rolle. Oft auch das Alter oder das Geschlecht, vielleicht auch der Beruf der Kandidaten, obwohl Verwaltungsausbildung oder juristische Vorkenntnisse gar nicht mehr so im Vordergrund stehen. Die Parteizugehörigkeit allein ist sicher kein Erfolgsrezept mehr.
GA: Im Kreistag wird die bei der Wahl lediglich von den Grünen unterstützte Landrätin nicht von CDU, SPD, FDP und FWG mitgetragen. Was bedeutet das für die Gestaltungsmöglichkeiten der neuen Amtsinhaberin?
Sundheimer: Zunächst einmal kein Hemmnis. Wir wollen alle das Beste für den Kreis Ahrweiler. Natürlich braucht sie für das Erreichen von Zielen Mehrheiten, die sie im Kreistag finden muss. Sie muss die Richtigkeit ihrer Ziele überzeugend darstellen. Dann wird sie auch Mehrheiten finden. Keiner will eine Bockadepolitik betreiben. Der Kreistag und seine Ausschüsse sind allerdings die entscheidenden Gremien. Und die dort getroffenen Entscheidungen hat die Exekutive, also die Verwaltung, umzusetzen.
Zur Person:
Karl-Heinz Sundheimer (70), geboren in Remagen, war Leiter der Realschule und Fachoberschule in Adenau, ehe er 2014 in den Ruhestand versetzt wurde. Er gehört dem Kreistag seit 1994 an, dem Gemeinderat Kempenich seit 1984. Sundheimer wurde 2007 mit der Freiherr-vom-Stein-Plakette ausgezeichnet.